About

urbanize! 2020

»Common Spaces, Hybrid Places«

urbanize! erforscht Raum als gesellschaftliches Gemeingut und Ressource für Kunst und Kultur, kreative Arbeit, soziale Innovation und demokratischen Wandel.

Das 11. urbanize! Int. Festival für urbane Erkundungen findet unter außergewöhnlichen Umständen statt: Covid-19 hat die demokratische Öffentlichkeit fast zum Erliegen gebracht und trotz vieler Diskurse im Netz zeigt sich, wie sehr die soziale und informelle Komponente der menschlichen Kommunikation im Digitalen fehlt. Das Virus macht deutlich, wie kostbar öffentlicher wie gebauter Raum als Ressource für unser soziales Zusammenleben und unsere Demokratie sind – und auch wie ungleich ihre Verteilung ist. Als urbane Gesellschaft brauchen wir aneignungsfähige, hybride Räume, die durch ihre Größe unterschiedlichste Nutzungen zulassen. Räume wie die ehemalige Nordbahnhalle, die in der Kulturmetropole Wien in einem erschreckenden Ausmaß fehlen. Aber auch öffentliche (Grün-)Räume, die Aufenthaltsqualität und Schutz gegen den Klimawandel bieten.

Das urbanize! Festival 2020 nimmt diesen Bedarf zum Anlass, Raum als Ressource für Kunst, Nachbarschaft und Soziales zu erforschen. Mit dem Festivalthema »Common Spaces, Hybrid Places« macht sich urbanize! auf die Suche nach Architekturen, Konzepten und Qualitäten von Räumen, die unerwartete Begegnungen erlauben, Experimente zulassen, gesellschaftliches Engagement und sinnvolles Tätigsein ermöglichen. Räume, die uns durch das Zusammentreffen von Unterschiedlichkeit herausfordern und bereichern, durch künstlerische und kreative Impulse provozieren und inspirieren.

© Sarah Glück
© Sarah Glück

Ein veritables Werkzeug zur Erzeugung und Bewahrung solcher offener und aneignungsfähiger Räume bietet das Konzept der urbanen Gemeingüter, die in Selbstverwaltung und oft durch Public-Civic-Partnerships (PCP) ermöglicht und betrieben werden. Immer mehr progressive Stadtregierungen nutzen das Regelwerk der Commons, um gemeinwohlorientierte Partnerschaften auf Augenhöhe mit ihren Bürger*innen einzugehen. urbanize! fragt nach rechtlichen, ökonomischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Herstellung und Bewahrung von Gemeingütern im öffentlichen wie im gebauten Raum. Das Festival erkundet lokale und internationale Good Practices und diskutiert die vorhandenen Erfahrungen.

Gemeinsam mit dem Social Design Studio der Universität für angewandte Kunst Wien lädt das Festival zu zahlreichen Stadterkundungen und künstlerischen Interventionen nach Floridsdorf und an zahlreiche andere Orte der Stadt, um sich – verstärkt im öffentlichen Raum – auf die Suche nach Gemeingut-Potenzialen für und in Wien zu machen. Common Sie mit!

Zur Programmübersicht


urbanize! Festival

Im Jahr 2010 hat dérive - Verein für Stadtforschung erstmals zu einem urbanize! Festival geladen, konzipiert als Jubiläumsreihe anlässlich von 10 Jahre dérive - Zeitschrift für Stadtforschung. Das überaus positive Echo auf diese ersten urbanize! Veranstaltungen hat der Verein als Auftrag verstanden, weiterhin einmal pro Jahr Stadtforscher*innen, Planer*innen, Aktivist*innen und Künstler*innen sowie zunehmend auch engagierte Stadtmacher*innen aus Politik und Verwaltung zu Austausch und Wissenstransfer rund um urbanistische Themenstellungen zu versammeln.

Die Idee, die vielfältigen Blickwinkel auf die Stadt als Œuvre (Henri Lefebvre), als alltägliches Werk ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, aus der Welt der akademischen Beschäftigung in den realen Raum der Stadt zu übertragen, bleibt Motor und Ausgangspunkt für die jährliche Programmierung des Festivals. Augenhöhe, Teilhabe, Barriere-Abbau zwischen Expert*innen am Podium und Expert*innen im Publikum und das Schaffen von Räumen für Austausch und Kennenlernen, in denen gemeinsam gedacht, gelacht, gestritten und gefeiert werden kann, ist ein zentrales Anliegen. Dafür bedient sich urbanize! einer Vielzahl an Formaten aus Wissenschaft, Kunst und Alltag: Ausstellungen und künstlerische Aktionen, Stadterkundungen zu Fuß und mit dem Rad, Performances und Interventionen im öffentlichen Raum, Workshops und Vorträge, Diskussionen und Vernetzungs-Foren, Film und Musik. Die Methode des situationistischen dérive, des sich Treibenlassens und Abschweifens, ist Impulsgeberin für das Festival als Forschungsreise durch Disziplinen, Themen, Formate und Orte. Ziel von urbanize! war und ist Menschen zusammen zu bringen, sie zu ermächtigen, zu irritieren und zu stimulieren – zu einem vielschichtigen Denken und Handeln auf dem Weg zu einer Stadt für alle.

© derive
© derive

Ein urbanize! Festival besteht immer aus der Hardware der Veranstaltungen und der Software des sozialen Raumes, der Gespräche, des Austausches und der Interaktion. Die Veranstaltungen sind bis auf wenige, rar gesäte Ausnahmen kostenfrei zu besuchen und die gesamte Dramaturgie trachtet danach, einen möglichst offenen und demokratischen Raum zu schaffen. Das Festival will unterschiedliches Wissen und unterschiedliche Menschen miteinander in Beziehung bringen, weil es mit Jane Jacobs daran glaubt, dass die Stadt nur dann Chancen für alle bietet, wenn sie auch von allen gemacht wird.

Wenn die Rechnung aufgeht, erzeugt urbanize! als temporäres Stadtlabor einen Raum der produktiven Verunsicherung und des utopischen Überschuss, einen Raum der Aneignung und eine Bühne für Vorstellungen einer möglichen anderen Welt und einer gerechteren und lebenswerten Stadt.

Die Nachwirkungen sind ebenso vielfältig wie für uns Festivalmacher*innen nicht messbar. Sie arbeiten sich äußerst selten zu uns durch und treten nur manchmal greifbar in Erscheinung. Etwa wenn die Post eine Urban Graphic Novel bringt mit einer Dankeskarte für die Inspiration. Manchmal werden uns Abschlussarbeiten zugesandt, die sich um das Recht auf Stadt drehen, mit Verweis auf urbanize! als Ideengeberin. Immer wieder bekommen wir Besuch von Kurator*innen und Stadtmacher*innen aus anderen europäischen Städten, die sich mit uns austauschen möchten, um in ihrer Stadt ähnliches ins Leben zu rufen. Oder wir erfahren zufällig, dass sich Festivalgäste bei urbanize! kennen gelernt haben, um Jahre später gemeinsam Kunst- und Forschungsprojekte zu realisieren. Am öftesten aber gibt es Feedback an der Festival-Bar, wo weiter diskutiert und reflektiert wird.

urbanize! ist ein Reallabor des Denkens, das 2020 zum 11. Mal Fragen in den Raum wirft, um gemeinsam Antworten in Theorie und Praxis zu finden. Es ist unser Beitrag zur Selbstermächtigung und Selbstorganisierung und damit zu einer lebendigen und demokratischen Stadtgesellschaft. Schon immer hat das Festival ein Ausrufezeichen im Titel getragen als Aufforderung sich einzumischen, einzugreifen, einzufordern und zu gestalten: urbanize! urbanisieren sie sich!

© derive
© derive

urbanize! Int. Festival für urbane Erkundungen wird seit 2010 von dérive - Verein für Stadtforschung in Wien, Berlin (2018) und Hamburg (2016) veranstaltet. Der Verein ist auch Herausgeber von dérive - Zeitschrift für kritische Stadtforschung und produziert mit Radio dérive einen monatlichen Podcast zur Stadt.


Radio dérive

FESTIVAL HÖREN

Seit 2011 präsentiert dérive mit seinem monatlichen Radio-Podcast auf Radio Orange 94.0 Beiträge zum Stadtraum als Ort der Verdichtung und als Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen im Hörformat. Jährlich zum urbanize! Festival stürzt sich die dérive Radioredaktion ins Festivalgeschehen mit Interviews und Stimmungsberichten vom proppenvollen Festival-Alltag. Tune in!

© dérive
© dérive

Redaktion Festivalradio: Lene Benz, Greta Egle, Lisa Puchner, Sandra Voser, Katharina Egg in Kooperation mit Orange 94.0.

urbanize! Festivalradio auf Orange 94.0:
Sa, 17. OKT: 15:00 Uhr
So, 18. OKT: 15:00 Uhr

Live im Radio oder per Stream auf www.o94.at
Nachhören: www.derive.at/radio


Festivalpartnerin Social Design – Arts as Urban Innovation

Das Social Design Studio an der Universität für Angewandte Kunst Wien

Social Design, der Titel des Programms, mag zur Annahme verleiten, dass sich Soziales über Gesellschaftliches stellte, dass Social Designer*innen helfen und einspringen. Individuelles Engagement, empathisches Mitdenken oder Hilfsbereitschaft, ohne zu zögern, sind sicherlich persönliche Voraussetzungen, sich diesem Studium zu widmen. Doch wird Solidarität im Social Design Studio als gesellschaftspolitische Kategorie verstanden, zu deren Einlösung es neuer und ungewöhnlicher Lösungsansätze bedarf. Es gilt ein Um- oder Neudenken zu provozieren, das zu gesellschaftlicher Veränderung führen kann.

Ort wie Inhalt der Forschungen sind Theorien und Praxisformen der Stadt, sind die urbanen Realitäten, aus denen die Studierenden kommen, und deren gleichsam muttersprachliche Kenntnis sie als Denk- und Erfahrungssysteme teilen und im Lauf des Studiums als Grammatik ausformulieren. Wer sich für Social Design entscheidet, soll Städte oder Prozesse der Urbanisierung in ihrer Veränderlichkeit und gleichsam als Organismen begreifen, die selbst auf feinste Akupunkturen reagieren.

Der Studienplan des seit Winter 2012 bestehenden Masterprogramms bietet die sichere Freiheit, in einem interdisziplinären Team neue Projekte zu entwickeln, die in die Realität reichen, die externe Kooperationen ermöglichen und befördern. Absolvent*innen können ein Zertifikat erwerben, und doch misst sich ihre Arbeit immer auch an den realen Dringlichkeiten und Bedürfnissen städtischen Lebens. Kurzum: Dieses universitäre Angebot begreift sich auch als Katalysator universitärer Arbeit, kommt doch einer Universität immer eine wesentliche gesellschaftspolitische Verantwortung und Aufgabe zu, manifestiert sie sich doch exemplarisch als Ort wie Inhalt urbaner Verdichtung. Die Arbeit an einer Universität wirkt – gezielt oder indirekt – immer auf die Institution zurück, geht über diese hinaus, antwortet auf gesellschaftlichen Wandel oder verantwortet diesen mit.

Künstlerische Hochschulen sind keine Enklaven, um die herum sich ein Leben »draußen« abspielt. Social Design an der Angewandten agiert in den Zwischenräumen, die sich auftun zwischen gebauten Strukturen, außerhalb gewohnter Ausstellungsräume, und in Handlungsräumen, in denen Akteur*innen fehlen oder stumm bleiben. Als urbanize! Festivalpartnerin lädt das Social Design Studio nach Wien-Floridsdorf, um Räume des Gemeinsamen sichtbar zu machen, zu entdecken und zu erproben: Aktiv, spielerisch und überraschend. Forschen Sie mit!

socialdesign.ac.at


dérive – Zeitschrift für Stadtforschung

dérive – Zeitschrift für Stadtforschung erscheint seit Sommer 2000 vierteljährlich und versteht sich als internationaler und interdisziplinärer Beitrag zur kritischen Stadtforschung. Die Redaktion thematisiert globale (urbane) Problemstellungen und analysiert sie im lokalen Kontext, um Aufschlüsse über die gegenwärtige Stadtentwicklung zu geben. Herausgeber der Zeitschrift ist die unabhängige Plattform derive – Verein für Stadtforschung mit Sitz in Wien.

Der Ansatz von dérive ist multiperspektivisch, interdisziplinär und gesellschaftskritisch. Die Redaktion kooperiert bei der Erstellung von Schwerpunktheften sowohl mit WissenschaftlerInnen und Forschungsgruppen unterschiedlichster Disziplinen (Architektur, Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung, Ökonomie, Soziologie, Geographie, Europäische Ethnologie, Philosophie, Politik- und Kulturwissenschaften, u.a.m.), als auch mit StadtaktivistInnen und KünstlerInnen. Diese berichten in dérive über weltweite urbane Entwicklungen und zeigen in fundierter und kritischer Auseinandersetzung Zukunftsperspektiven für das städtische Leben auf.

Es gibt ein Probeheft zum Herunterladen, die letzten Ausgaben zum Durchblättern und unseren shop.